Jahreslosung:

„Wie eine Mutter tröstet,
so will ich euch trösten”

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Wie eine Mutter tröstet, so will ich euch trösten“, sagt Gott im Jesajabuch 66,13. Dieses Wort hat die ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen für 2016 ausgewählt, vielen bekannt als Jahreslosung.

Mit den Konfirmanden haben wir aus der ZDF-Serie 37 Grad den Film „Gesichter der Armut“ angeschaut. Das erste Bild zeigt eine schlafende Mutter mit ihrem Kind am Straßenrand in der Stadt Dhaka in Bangladesch. Sie ist so müde, dass kein Verkehrslärm stört, auf einem Tuch liegt sie dort und schläft.

Sie kann ihr Kind nicht mehr trösten. Dazu hat sie keine Kraft mehr.

Mütter in der Ukraine, deren Söhne einen Einberufungsbefehl für die Armee haben, sind das Getötet-werden ihrer Kinder und Männer satt. Sie gehen auf die Straße und protestieren gegen einen Krieg, den sie nicht führen wollen.

Jesaja verheißt die mütterliche Trostkraft Gottes denen, die unter dem sozialen und kultischen Unrecht seinerzeit leiden. Krieg, Deportation und Zerstörung benennt er als Ursache für dieses Unrecht der Gesellschaft.

Wer Gottes Auftrag annimmt: „Den Armen frohe Botschaft zu verkünden, die zu verbinden, die ein zerbrochenes Herz haben, auszurufen den Gefangenen Befreiung, auszurufen ein Jahr des Wohlgefallens für Gott“ (Jesaja 61, 1f), die werden getröstet.

Künstlerinnen und Künstler haben die Jahreslosung ins Bild gesetzt: Mütter mit kleinen Kindern, mal umhüllend mit einem Mantel, Mutter und Kind neigen sich in Herzform zueinander, ein großer Elefant und ein kleiner, ein verschwommenes Ultraschallbild…, die Farben schwelgen in rot, orange, gelb.

Den harmonischen Bildern fehlt die Begegnung mit der verletzenden Realität. Den Bildern fehlt die empörende Macht der mütterlichen Trostkraft Gottes.

Im Advent, in den wir mit dieser DIALOG-Ausgabe gehen, wird uns von Johannes dem Täufer zugerufen: „Kehrt um! Denn nahe gekommen ist das Himmelreich“.

Das ist Empörung und Trost zugleich. Beides wünsche ich uns, wenn wir mit dem 1. Advent in ein neues Kirchenjahr gehen. Dass wir Gottes Auftrag annehmen und auf das Kommen seines Reiches setzen.

Feiern wir doch die Geburt eines Kindes, getragen und behütet von seiner Mutter, bis es laufen lernt und seinen Weg mit Gott findet.

Gott tröstet Mütter und Väter, die am Straßenrand liegen und zu erschöpft sind, ihre Kinder zu trösten. Darum ruft Johannes: „Kehrt diese Verhältnisse um“.

Ich wünsche Ihnen und denen, die Ihnen am Herzen liegen, eine gesegnete Adventszeit.

Ihre Iris Ney, Pfarrerin